Bernd Höfferl

„Wir brauchen eine Vielfalt von Kombinationsmöglichkeiten die dann wie gelbe, rote oder blaue Legosteine zusammengefügt werden können. Die Baustelle wird somit zur Zusammenbaustelle.“

Was ist ihrer Meinung nach die größte Wissenslücke bzw. das größte Vorurteil von Kunden, Planern und der Allgemeinbevölkerung in Bezug auf den Holzbau?

Zunächst muss man die Gruppen Kunden (= in diesem Fall z.B. Bauträger), Planer und die Allgemeinbevölkerung in der Betrachtung trennen.

Bei den Bauträgern muss man unterscheiden in die, die bereits Holzbau machen und die, die das noch nicht tun.

Die erste Gruppe findet Wege, wie man mit dem veränderten Planungsprozess umgeht und weiß das Potenzial des modernen Holzbaus zu schätzen. Sie nützen beispielsweise die verkürzte Montagezeit auf der Baustelle und setzen den „neuen“ Baustoff im Marketing ein.

Diese Kunden stecken bereits in der Thematik, haben sich bereits ein Wissen aufgebaut und haben konkrete Fragen, wo sehr gut auf Sachebene unterstützt werden kann. Themenfelder gibt es viele – egal ob es um optimale Fassadensysteme geht oder um die Möglichkeiten, 3D Module mit Brettsperrholzbauweise und Rahmenbau zu kombinieren, wie man die thermischen Stärken des Holzgebäudes in eine optimierte Haustechnik übersetzt usw. Dabei muss es gelingen, die riesige Vielfalt des Holzbaus etwas zu strukturieren, damit der Einsatz in Zukunft einfacher und effizienter wird.

Bei denen, die Gründe finden, warum sie nicht auf Holz setzen ist die Sache anders. Ich habe in zahlreichen Gesprächen die Erfahrung gemacht, dass schon jeder irgendwann mit dem Holzbau in Kontakt gekommen ist und dass hier Erwartungen nicht völlig erfüllt wurden. Hier muss gezeigt werden, welche Gebäude sich am optimalsten für den Einstieg eignen und welches Potential im Holzbau steckt. Es ist sicher richtig, dass das Veränderung erfordert – aber wir haben uns auch vom Wählscheibentelefon zum Smartphone verändert und irgendwann hat das Argument „da war nie der Akku leer“ nicht mehr funktioniert. Bei Bauträgern, die noch skeptisch sind oder bei denen, die negative Erfahrungen gemacht haben, muss die Information proaktiver erfolgen. Es geht hier eher um Überzeugungsarbeit.

Die Allgemeinbevölkerung ist im Wohnungsmarkt eher Passagier und muss nehmen, was es gibt. Es gibt in den seltensten Fällen die konkrete Entscheidungsfreiheit zwischen Holzbau und mineralischem Massivbau. In diesem Zusammenhang wird zu klären sein, wem das Dekarbonisierungspotential in Zukunft eigentlich anzurechnen ist. Wer ist für die Emissionen bei der Errichtung (und beim Betrieb) verantwortlich? Es ist davon auszugehen, dass eine Durchschnittswohnung (ca. 70m2), in einem Holzbau rund 20 t Emissionen spart. Bekommt diesen Bonus der Investor? Der Bauträger? Der Planer? Der Nutzer? 20 t sind die Emissionen, die ein PKW bei 12.000 km Jahresfahrleistung in 12 Jahren verbraucht. Je nachdem, wer von dieser Einsparung profitiert (abgesehen vom Klima) werden Informationsmaßnahmen zu setzen sein um dafür ein Bewusstsein zu schaffen.

Bei Wissenslücken und Vorurteilen reden wir jedenfalls nicht von Brandschutz, Schallschutz und Lambda – Werten von Dämmstoffen. Es wird eher darum gehen, im Sinne der Kreislaufwirtschaft mit Ressourcen umzugehen und dort wo es bereits einfach geht, gutes durch besseres zu ersetzen ohne in eine ideologische Material A gegen Material B – Diskussion zu verfallen. Wir brauchen eine Vielfalt von Kombinationsmöglichkeiten die dann wie gelbe, rote, blaue Legosteine zusammengefügt werden können.   

Welche technischen Lösungen werden derzeit hauptsächlich für großvolumige Holzbauten verwendet? Was verstehen Sie überhaupt unter Großvolumig in Bezug auf den Holzbau?

Unter großvolumigem Wohnbau verstehe ich Gebäude, die Wohnungstrenndecken und Wohnungstrennwände haben, und nicht das Einfamilienhaus mit der Einliegerwohnung, sondern das lebenswerte Miteinander von mehreren Familien in einem Gebäude ermöglichen.

Aktuell werden aus meiner Sicht zu viele verschiedene Systeme verwendet. Für viele Holzgebäude gibt es nicht nur einen Gebäudeentwurf, sondern es wurde ein individuelles Bausystem entwickelt. Das ist ineffizient und muss in Zukunft einfacher werden, um die Vorteile der Systeme gemeinsam nutzen zu können. Bei einem Auto werden auch Bauteile aus Aluminium, Kunststoff und Stahl kombiniert – weil es in Summe einfach schlauer, günstiger, stabiler und schöner ist. Das wird auch beim Holzbau gelingen. Es gibt in der Stadt „HOLZBAU“ viele Straßen und diese dürfen keine Sackgassen sein, sondern müssen miteinander vernetzt sein. Die Vorteile der eingesetzten Systeme müssen vor den Vorhang, damit ein echter Lernprozess entstehen kann. Es ist zu wenig, von den eigenen Projekten zu lernen, es nützt mehr (und ist billiger und schneller) wenn man das vorhandene Wissen nützt.

In welchen Bereichen des Holzbaus besteht Ihrer Meinung nach noch Forschungsbedarf? Was gilt es zu tun, damit in Zukunft mehr großvolumige Holzbauten entstehen?

Forschung muss auf mehreren Ebenen erfolgen. Wir müssen uns mit dem unknown unknown ebenso beschäftigen wie mit dem unknown known.

Bei Ersterem geht es um neue Materialkombinationen und den effizienten Ressourceneinsatz:
Wie baue ich mit der gleichen Menge an Material doppelt so viele Gebäude? (oder gleich viel Gebäude mit den halben Ressourcen)

Anderseits müssen wir das immense Expertenwissen, das sich aktuell auf wenige Köpfe verteilt in die Breite bringen, es frei zugänglich machen und nicht der bisherigen Logik folgen: „Ich musste es mir schwer erarbeiten, also sollen es die anderen auch nicht leichter haben.“ Erst wenn wir das Expertenwissen einfach übersetzt haben und es viele Menschen verstehen, werden wir auch Inputs aus ganz anderen Branchen bekommen, die dann wirkliche Innovationen bringen. Forschungsbedarf besteht daher nicht entweder da oder dort, sondern überall – wichtig ist, das entsprechende Tun zu vernetzen und sichtbar zu machen. Sonst kämpft das eine Team um Lösungen, die andere schon lange haben.

Österreich hat die Ressource, hat das wissenschaftliche Knowhow, hat tolle ausführende Betriebe – wir haben alles, um die „pace“ vorgeben zu können.

Wohin wird sich der Holzbau in Zukunft entwickeln? Welche Chancen sehen Sie im großvolumigen Bauen mit Holz?

Die Baustelle wird zur Zusammenbaustelle.

Holzbau wird zur Selbstverständlichkeit.  

…nicht bei Tunnels und Autobahnbrücken ? und das ist gut so!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*